Gerade hat mir Tillevision einen Link zu einem Artikel über den Walkman-Produktionsstopp bei Sony anlässlich des iPod-Geburtstages zugeschickt. Da musste ich natürlich an meine ersten Berührungen mit einem Walkman-ähnlichen Gerät denken. Zuerst gesehen habe ich so ein Teil bei einem Mädchen aus meiner Straße. Sie hieß Simone, hatte fettige Haare, die sie mit Zuckerwasser stylte und trug an ihrer hellblauen Nietjacke immer Depeche Mode-Buttons, die damals noch Sticker oder Anstecker hießen.
Simone war 1987 schon in der Zehnten, hielt in der Schulaula Essensaufsicht als Mitglied der FDJ-Ordnungsgruppe und hatte einen Walkman. Ich dachte damals, das Ding nennt sich Workman. In der Schule war Westtechnik tabu. Immer wenn sie mit diesen komischen Kopfhörern mit dem schwarzen Schaumgummiüberzügen und dem aus heutiger Sicht riesigen Plastikkasten am Gürtel mir vorbei lief, schepperten die Höhen im Umkreis von dreißig Metern.
Ich hatte noch nie Kopfhörer auf und konnte mir nicht vorstellen, dass dieses Geschepper besser klingen könnte als Musik über normale Boxen, äh Lautsprecher zu hören.
Mein erstes echtes, mein erstes eigenes Walkman-Hörerlebnis ließ noch zwei Jahre auf sich warten. Bei einer Klassenfahrt nach Zinnowitz an der Ostsee mit einer deutlich geschrumpften Klasse im August 1989, ließ mich mein Kumpel Matze auf dem Weg zum Strand für fünf Minuten seinen "Worki" benutzen. "Tief im Westen - wo die Sonne verstaubt, ist es besser, viel besser als man glaubt.", sang mir plötzlich der klassenfeindliche Herbert Grönemeyer ins Ohr oder ins Gewissen.
"Du bist keine Schönheit - vor Arbeit ganz grau" - das war doch Prenzlauer Berg, nicht das Bochum im goldenen Westen, in den sich gerade alle verdrückten. "Leider total verbaut, aber gerade das macht Dich aus." Warum wollen alle dahin, wenn es dort doch nicht anders ist als hier?
Das Gerät muss ein Vermögen gekostet haben. Jetzt ist es Geschichte und gehört bald ins Museum.
Viele Geschichten ranken sich schon darum. Vielleicht auch Deine - hier und jetzt von und für die Generation Tapedeck.
Schreib Deine persönliche Walkman-Story hier als Kommentar unter diesen Artikel oder schicke sie per mail an reifenwechsler ät gmx de! Ich stelle sie dann online.
Montag, 25. Oktober 2010
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2 Kommentare:
Meinen ersten "Workman" (denn ich hatte das gleiche Problem), schenkte mir mein Vater als ich 1988 im Krankenhaus lag. So konnte ich die aufgenommenen Serien und Filme aus dem Westfernsehen im Krankenbett hören. Bud Spencer und Terence Hill oder Louis de Funès hatten mir sehr beim Einschlafen geholfen...
Manchmal rutschte auch eine Tom Astor Kassette dazwischen... ;)
Schon bald (nach der Wende) bemerkte ich das Statussymbol eines Walkman und in der Schule liefen bald alle rum wie Außerirdische, denn die Kopfhörer konnten nicht groß genug sein.
Meine erste "Jugendliebe" begann mit dem Walkman bei der Eis Disco 1993. Anstatt zur Musik der Eishalle zu fahren, war ich immer der bekloppte, der mit Kopfhörer an den Mädels vorbeirauschte, bis die süße Katja mal ein Bein raushielt.
Mein Sony FX21 T hat das gut überstanden, denn 2 Wochen später, hörten Katja und ich gemeinsam am Eisbahnrand Musik.
Ich hab meinen ersten mitte der 90er geschenkt bekommen und das gute stück hat mich jeden Tag in die Schule begleitet und wieder nachhause gebracht.
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