Dienstag, 15. Dezember 2009

Fünfzehntes Türchen

Nachdem das Acud dicht war, machte irgendwann vor 13 Jahren das Icon auf. Das Team war annährend dasselbe, die Musik anfangs auch. Die erste Rap-Party dort zog sehr verschiedene HipHopper an. Wie verschieden HipHopper sein können, erzählt Jenz Steiner in seiner fünfzehnten Weihnachtskalendergeschichte.

Das Telefon klingelte. Es klingelte wirklich, denn es war noch ein richtiges Wählscheibentelefon der Deutschen Post der DDR. Die Wende lag acht Jahre hinter uns, unsere Nachbarin seitdem unter der Erde und ihr Telefonanschluss seit kurz vor der Währungsunion in unserer Wohnung. Seb war dran. „Kommste heute mit ins neue Acud? Cantian Ecke Mila is dit, in so na alten Brauerrei, oder so? Sind alle da, die janzen BC-Leute och.“ Was er als das neue Acud anpries, war in Wirklichkeit das neue Icon im Kühlkeller der ehemaligen Groterjahn-Brauerei in Prenzlauer Berg. Ein braunes Ziegelgewölbe mit hohen Decken, Zugang gleich gegenüber vom Stadion, über den Dekra-Hof, auf dem ich nach der Fahrprüfung meinen Führerschein dreimal nicht ausgehändigt bekommen habe.


Das Icon heute, 13 Jahre nach seiner Eröffnung, hier mit Rusko, der das Publikum in den Wahnsinn treibt

Es waren wirklich alle da, die man zu dieser Zeit mit HipHop in Berlin in Verbindung brachte. Zwei Gestalten, deren Namen ich heute mal ändere, hatten ein sehr spezielles Zusammentreffen. Da war der kleine, verschüchterte Jeffrey aus einem Lichtenberger Plattenbau und der große, bullige Old School HipHopper Serkan aus Wedding in seiner Black-Panthers-Lederjacke, Goldkettchen und schnittiger Frisur. Jeffrey stützte auf einer Zweiercouch seinen Kopf auf den Händen ab. Wir standen mit Serkan ein paar Meter abseits und lachten uns kaputt über ein Schwulen-Pornoheft, dass an der Bar rumflatterte. Seb drückte Serkan das Heft in die Hand und zeigte auf den einsamen Jeffrey.

Serkan machte sich gleich auf den Weg, setzte sich neben ihn, legte väterlich seinen Lederjackenarm um Jeffrey, klappte das Poster in der Mitte auf und flüsterte ihm zärtlich ins Ohr: „Na, gefällt Dir das? Wäre das nicht was für Dich?“ Wir krümmten uns vor Lachen, Jeffrey krümmte sich vor Angst. Den Scherz hat er nicht verstanden. Heute ist Jeffrey Selecta bei irgendeinem Soundsystem und legt homophobe Ragga-Mucke auf.

2 Kommentare:

Zeal hat gesagt…

ich bin absolut kein fan von adventskalender und faxen. aber jenz wenn du so weitermachst (und das wirst du wohl), werde ich die vorweihnachtszeit wohl später vermissen. danke für die türen.

Unknown hat gesagt…

Kann ich meinem Vorredner nur voll und ganz zustimmen. Weiter so Steiner!

Rusko geht ja echt ab. So ne Party brauch ich auch mal wieder. ;)