Montag, 06. Dezember 1999, Nikolausi
Ich hatte heute noch eine kleine, aber sehr produktive Auseinandersetzung mit Tim über die Aktion mit den Aufnahmen der alten Omis im Krankenhaus. Wir haben einen Kompromiss gefunden. Wenn irgendwo alte Frauen rumjammern, dann sind wir das. Gesagt, getan. Tim holte eine Telefonliste mit den Durchwahlen der einzelnen Stationen der Charité vor. Als Zivi kam er da ganz locker ran.
Für Andy Waffen und Timinator XXX sind Outkast und Goody Mob die großen musikalischen Vorbilder. Dieser Track läuft bei ihnen im Dezember 1999 hoch und runter.
Wir machten das Aufnahmegerät startklar, den Telefonlautsprecher an, wählten *31# für die Rufnummerunterdrückung und dann die Nummer der Inneren Abteilung. Eine Schwester Sabine von der Spätschicht sprang nach zweimal tuten schon an den Hörer.
Das Band lief. Tim blieb ganz souverän. „Guten Tag, mein Name ist Sven Schreiner. Ich habe ein Problem. Das heißt, sie haben ein Problem. Ihre Patientin Frau Fuchs steht gerade bei mir in der Wohnung. Die hat nur ein Nachthemd an und Latschen“. Schwester Sabine: „Wir haben keine Frau Fuchs auf unserer Station, Herr äh ...“. „Schreiner“, „Ja, Herr Schreiner, ich hab grad nachge...“ Ich stand mitten im Raum, setzte meine krächzigste Stimme auf und unterbrach sie: „Schwesta Sabine, ick will zurück in meen Bette. Ick bin de Frau Fuhuchs.“
„Sind sie sich sicher, dass die Dame aus der Charité kommt?“. „Steht zumindest auf ihrem Nachthemd.“, sagte Tim aka Sven Schreiner. Ich stieß den schrillsten Schrei meines Lebens aus und wiederholte meinen Satz: „Ick will zurück in meen Bette. Ich bin de Frau Fuhuchs. Schwester Sabiiiinäääh.“ Tim: „Sie hören ja, was hier los ist. Holen sie die Frau hier ab!“ „Uns fehlt keine Frau Fuchs. Da müssen Sie die Polizei verständigen!“, meinte die in die Enge getriebene Krankenschwester.
Ich heulte wie eine alte Oma nur heulen kann. Tim wurde wütend: „Wenn, dann müssen Sie doch die Polizei holen, Herr Gott nochmal. In Ihrem Saftladen weiß ja die linke Hand nicht, was die rechte tut.“ Ich musste lachen, ließ es aber wie Oma-Heulen klingen.
Tim setzte noch einen drauf: „Wie Sie mit alten Leuten umgehen, das ist ja menschenverachtend.“ Den hatte er von mir. Der Schwester verschlug es die Sprache. Tim wurde lauter. „Holen Sie Ihre Patientin hier ab! Immanuelkirchstraße 15., zweiter Stock.“ Das war die Adresse des Polizei-Abschnitts 77.
Ich konnte nicht mehr, krümmte mich am Boden und hatte vom Lachen jetzt wirklich Schmerzen. Jetzt musste auch Tim sich tierisch zusammenreißen und suchte nach einem Ende. Ich half ihm und stürzte mich kreischend mit einem Kleiderbügel bewaffnet auf ihn. „Ihre irre Patientin greift mich an, Hilfäääääh, würg“. Und klick. Das Telefonat war beendet. Ich drückte unglaublich geistesanwesend auf "stop".
Ach ja, heute früh war ich noch bei Laura, also vor ihrer Wohnungstür und hab ihr einen Schokoladenteufel auf den Fußabtreter gestellt. Hoffentlich mampft ihr Vater den nicht auf. Ich hab unten bei ihrer Nachbarin geklingelt und gesagt: „Sofort aufmachen! Werbung.“ Zieht immer wieder, die Masche! Sehen wollte ich sie nicht – nach der Aktion bei der Party.
Diesen Nikolaustag werde ich so schnell nicht vergessen. In meinem Weihnachtskalender waren heute zwei Kegel und eine Bowlingkugel.
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Einleitung
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Montag, 6. Dezember 2010
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1 Kommentar:
hallo. der 5te tag is iwie falsch verlinkt. oder fehlt aufjedenfall..
sehr gute story..
peace
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