Montag, 20. Dezember 2010

Andys Weihnachtstagebuch: Seite 19 - Andy alone at home

Sonntag, 19. Dezember 1999

Die letzten Tage sind mir ganz schön auf den Magen geschlagen. Heute will ich niemanden sehen, nichts hören, einfach meine Ruhe haben und alles sacken lassen. Der Auftritt war cool, alles drum herum fand ich total bekackt. Der Krach zwischen Laura und Tim lässt mich plötzlich zwischen zwei Stühlen sitzen. Insgeheim habe ich so eine Situation schon immer befürchtet. Jetzt ist sie eingetreten. Ich will nicht für den Einen oder für die Andere sein. Ich bin beiden loyal gegenüber. Beide haben ihre Macken. Aber jetzt gerade erscheint alles so kaputt, aussichtslos und ohne Hoffnung.



Wer war nicht schon mal allein zuhaus? Kevin, Andy Waffen, Nina Hagen und Reinhard Lakomy auch. Der hat ein Lied drüber geschrieben. Nina hat es nachgesungen und Andy hat es im richtigen Moment gehört.


Tim ist so ein Querkopf, ein Freidenker, ein Freigeist, der dauerhaft nicht mit anderen Leuten zusammen arbeiten oder leben will. Er wird irgendwann seinen Weg gehen, ohne mich, ohne Laura. Da bin ich mir sicher. Ich bin zwar gut im Organisieren, gerade vor Auftritten, aber er hat immer die kreativeren Ideen und setzt sie auch gleich um, egal um welchen Preis. Das kann ich nicht. Das ist auch nicht so schlimm. Ich will nicht von der Mucke leben. Er schon. Ich bin nicht als Rapper zur Welt gekommen. Nur Musik wäre auch nichts für mich. Das ist ein Hobby, klar, auch ein Lifestyle, aber ich glaube nicht, dass ich jemals damit meine Brötchen verdienen werde. Bei Tim kann ich es mir schon vorstellen. Jetzt hat gerade zweimal hintereinander das Telefon geklingelt. Ich gehe nicht ran. Kein' Bock.

Laura steht vor dem Nichts. Sie ist gerade extrem radikal. Einerseits will sie sich Tims Styles nicht mehr bieten lassen, andererseits zieht sie ihn immer und immer wieder aus der Scheiße. Sie verflucht ihre Mutter, weil sie ihre Familie zerstört hat und sucht trotzdem immer wieder Kontakt zu ihr. Wo sie Weihnachten sein will und sein wird, weiß sie immer noch nicht.

Ich habe gerade die Glotze angeschaltet. Da lief so eine Ost-Retro-Sendung mit Muck auf dem mdr. Die haben einen Ausschnitt aus einem Fernsehauftritt von Nina Hagen im DDR-Fernsehen gezeigt, in dem sie als Reinhard Lakomy auf die Bühne kommt und sein Lied „Heute bin ich allein“ singt. Ich kenne das Lied von einer Schallplatte, die ich mal zu Ostzeiten in so einem orangen Sperrmüllcontainer gefunden habe. Da war ich vielleicht zehn oder elf. Ich hab die Platte trotz aller Kratzer immer rauf und runter gehört. In meinem Weihnachtskalender war heute ein Adventskranz drinne. Ich bin an diesem vierten Advent auch alleine und das finde ich auch gut so.

Was bisher geschah:
Einleitung
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